Die Netzwerkbildung wird von Austausch und Gesprächen gefördert, zu denen MANEO im Rahmen von Fachgesprächen, öffentlichen Talkrunden und internationalen Konferenzen einlädt. Hier einige Beispiele:
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Vernetzungstreffen bei Vattenfall: „Diverse Energy“
Sexuelle Vielfalt ist in der LSBT* Community selbstverständlich. Wenn das Thema Homosexualität jedoch in anderen Teilen der Gesellschaft, wie z.B. auf dem Arbeitsplatz, angesprochen wird, kommen Fragen auf wie „Warum müssen wir überhaupt darüber reden?“ oder „Was soll diese erzwungene Gleichmacherei?“.
Um solche Reaktionen abzubauen, wurde die Netzwerkveranstaltung Diverse Energy ins Leben gerufen. Am 08. November 2016 trafen zum vierten Mal Vertreter von Vattenfall, der Berliner Polizei, Coca Cola sowie MANEO – DAS SCHWULE ANTI-GEWALT-PROJEKT IN BERLIN zusammen, um sich in reger Diskussion über Homosexualität und Akzeptanz anderer Lebensweisen auszutauschen.
Vielfalt am Arbeitsplatz
Dass sich gelebte Vielfalt auch am Arbeitsplatz positiv auswirkt, ist eindeutig. Ein tolerantes Klima innerhalb eines Unternehmens steigert nicht nur dessen Attraktivität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern fördert auch die Beziehungen zwischen den Beschäftigen: wer ohne Ängste offen zu seiner Sexualität stehen kann, ist auch produktiver. Torbjörn Wahlborg, EGM-Mitglied bei Vattenfall, äußerte sich offen: „Bei Vattenfall soll kein Mitarbeiter Bedenken haben müssen, dass er nicht so akzeptiert wird, wie er ist.“ Leider können Ängste von homosexuellen Angestellten dazu führen, dass diese nicht offen über ihre Orientierung sprechen. Genau diese Ängste gilt es im Rahmen dieser Veranstaltungen abzubauen.
Zusammenarbeit zwischen den Sexualitäten: Gay-Straight Alliances
Die von Homosexuellen geforderte Toleranz wird nicht Wirklichkeit, wenn nur innerhalb der LSBT*-Szene über dieses Thema diskutiert wird. Bastian Finke, Projektleiter bei MANEO, adressierte innerhalb der Diskussionsrunde klar, dass Offenheit und Toleranz vom Management vorgelebt und zur Team- und Gruppenleitung weiter kommuniziert werden müssen. Dafür bedarf es sogenannter „Straight Allies“, heterosexuelle Unterstützer und Unterstützerinnen, die sich für die Akzeptanz der Homosexuellen stark machen. Nur dann entsteht ein tolerantes Klima, von dem nicht nur das Unternehmen, sondern vor allem die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen profitieren.
LSBT* Netzwerke in Unternehmen
Die Anwesenden der Netzwerkveranstaltung wollen weiter daran arbeiten, die Akzeptanz für sexuelle Vielfalt zu fördern. Vattenfall Deutschland etabliert derzeit ein LSBT*-Unterstützer-Netzwerk. Johannes Nohl, Ansprechpartner dieser Initiative, äußert sich entschlossen: „Wir wollen ein offenes und starkes Netzwerk bilden mit den Zielen: berufsübergreifender Erfahrungsaustausch sowie gegenseitige Unterstützung und Stärkung des Selbstverständnisses als LSBT* Mitarbeiter bei Vattenfall“. Auch Coca Cola fördert sexuelle Vielfalt nicht nur im Rahmen des Rainbow-Netzwerks è [Link setzen: http://www.coca-cola-deutschland.de/stories/diversitaet-und-respekt-das-rainbow-netzwerk-von-coca-cola ], sondern auch zum Beispiel in diesem Werbespot è [Link setzen: https://www.youtube.com/watch?v=LhP5sDUnF6c ]. Und selbstverständlich vertritt die Berliner Polizei ebenfalls sexuelle Vielfalt und setzt Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen für LSBT* ein.
Der Gedanke einer „Gay-Straight Alliance“ klingt zwar nützlich, wird jedoch noch nicht in allen Bereichen der Arbeitswelt erfolgreich umgesetzt. Im Rahmen dieser Netzwerkveranstaltungen macht sich MANEO stark dafür, sexuelle Vielfalt offen anzusprechen. Homosexuelle sollen sich nicht in der Arbeitswelt verstecken müssen. Denn es gilt, sexuelle Vielfalt in Unternehmen im Rahmen von Unterstützernetzwerken zu fördern und alternative Lebensweisen offen vorzuleben.
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Soirée zum Thema „Lesbische Subkultur im Regenbogenkiez“
Berlin – 22.11.16. Am 22. November lud MANEO zu einer Soirée zum Thema „Lesbische Subkultur im Regenbogenkiez“ ein. In der zweistündigen Veranstaltung im Rathaus Schöneberg, die mit fast 50 Gästen gut besucht war, ließen die beiden Berliner Historikerinnen Katja Koblitz und Dr. Claudia Schoppmann die lesbische Szene im Regenbogenkiez der 20er und 30er Jahre eindrucksvoll anhand von schillernden Geschichten, Fotos und Musik lebendig werden.
Im Mittelpunkt ihrer Erzählungen standen das Leben und Wirken von vier unterschiedlichen Personen, die ihre Spuren im Kiez hinterlassen haben und an die sie erinnerten.
Annette Eick (1909-2010). In den zwanziger Jahren lernt die aus einer jüdischen Familie stammende Frau nach ihrem „Coming-out“ die homosexuellen Bars und Clubs in Berlin kennen, darunter das „Dorian Gray“ in der Bülowstraße in Berlin-Schöneberg. Dort treffen sich u.a. die Autorinnen der Lesbenzeitschrift „Frauenliebe“ (ab 1930: „Garçonne“). Die kunst- und kulturbegeisterte Eick veröffentlicht darin Gedichte und Kurzgeschichten. Als Jüdin verfolgt und 1938 vorübergehend verhaftet, gelingt ihr noch die Ausreise nach England, wo sie bis zu ihrem Tod 2010 lebt.
Hilde Radusch (1903-1994). Mit 18 Jahren zieht sie von Weimar nach Berlin und macht eine Ausbildung als Kinderhortnerin. Da die überzeugte Kommunistin in diesem Beruf keine Anstellung findet, geht sie 1923 als Telefonistin zur Post und wird bald Betriebsratsvorsitzende. Von 1929 bis 1932 ist sie Stadtverordnete für die Berliner KPD. Im April 1933 wird sie aufgrund ihrer KPD-Arbeit in „Schutzhaft“ genommen. Nach ihrer Freilassung im Herbst 1933 schlägt sie sich als Arbeiterin durch. Aufgrund einer erneut drohenden Verhaftung taucht sie 1944 mit ihrer Lebensgefährtin Else Klopsch unter. In den 1970er Jahren engagiert sie sich in feministischen Zusammenhängen und ist Mitbegründerin der Lesbengruppe „L74“.
Anneliese Wulf (1916-1995). Schon während ihrer Ausbildung zur kaufmännischen Angestellten, mit 15/ 16 Jahren, lernt sie durch eine Freundin die blühende lesbische Subkultur in Berlin kennen, darunter die von Kati Reinhard geleitete „Zauberflöte“ am Spittelmarkt. Nach 1933 erlebt die burschikose junge Frau (Spitzname „Johnny“) zunehmend Anfeindungen, auch seitens der Familie ihrer Freundin Helga. 1941 von Nachbarinnen als lesbisch denunziert, wird sie von der Polizei verhört, kann aber die gegen sie erhobenen Vorwürfe geschickt entkräften.
Else Conrad (1887-1961). Die Geschäftsfrau betreibt mehrere einschlägige Lokale, darunter die „Likörstube Meyer“ am Olivaer Platz und – gemeinsam mit Amalie Rothaug – das nach den Spitznamen der beiden Frauen benannte Lokal „Mali und Igel“. Dort trifft sich u.a. der exklusive Damenklub „Monbijou des Westens” mit etwa 400 Mitgliedern. 1935 wird Conrad, die nach den rassistischen Kriterien der Nationalsozialisten als “Halbjüdin” gilt, denunziert und wegen angeblicher Diffamierung der Reichsregierung zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt. Unmittelbar danach wird sie ins KZ Moringen eingeliefert. 1938 wird sie entlassen – unter der Bedingung, Deutschland zu verlassen. Sie emigriert nach Ostafrika.
Sie alle haben unter der menschenverachtenden NS-Diktatur gelitten. Viele lesbische Frauen sind zu Tode gekommen, als Jüdinnen, Kommunistinnen, Sozialistinnen oder auch als Widerstandskämpferinnen. Sie alle haben sich für lesbische Sichtbarkeit eingesetzt. Mit der Soirée will MANEO das Wissen um die Vielfalt der queeren Geschichte des Regenbogenkiezes fördern und deutlich machen, dass lesbische Frauen die Region von Anfang an mitgeprägt und -gestaltet haben.
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MANEO Soirée – Coming Out
Berlin – 09.11.16. MANEO und die Yorck Kinogruppe veranstalteten am historischen Datum des 9. November eine MANEO Soirée. Gezeigt wurde der Film »Coming Out«, der erste und letzte Spielfilm über Homosexuelle in der DDR, der am Abend des Mauerfalls Premiere in Ost-Berlin hatte. Im Anschluss gab es eine Gesprächsrunde mit Dirk Kummer, einem der beiden männlichen Hauptdarsteller und seinerzeitigem Assistenten des Regisseurs Heiner Carow, und der brandenburgische Justizminister a.D. Volkmar Schöneburg der Ende der Achtziger als Gutachter für das Zentralkomitee der SED in der DDR dafür sorgte, das „Coming Out“ überhaupt gedreht werden konnte. Moderiert wurde die Talkrunde von Martin Reichert, taz-Redakteur. .
Kampf um die Drehgenehmigung
Jeder Film in der DDR braucht eine Drehgenehmigung von der DEFA und der politischen Führung. Der erste – und zugleich letzte – Film, der eine ausschließlich schwule Thematik behandelt und dabei zugleich Missstände in der DDR aufzeigen wollte, hatte es nicht gerade leicht. Heiner Carow („Die Legende von Paul und Paula“) musste sieben Jahre für die Umsetzung seiner Idee kämpfen. Der spätere Justizminister von Brandenburg, Volkmar Schöneburg („Die Linke“) war in der Nachbarschaft Carows aufgewachsen und zu diesem Zeitpunkt wissenschaftlicher Mitarbeiter in der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität. Er nahm sich diesem Problem an und verfasste im Namen seines Vaters, dem DDR-Staatsrechtler Karl-Heinz Schöneburg, ein Gutachten, das belegte, dass sich bereits die Arbeiterbewegung der Weimarer Zeit für die Recht der Homosexuellen eingesetzt habe. Mit Erfolg: Trotz einiger weiterer Schikanen konnte Carow den Film drehen, der heute als einzigartiges Dokument der späten DDR und überhaupt der Filmgeschichte gilt.
Homosexualität in der DDR
Volkmar Schöneburg erläuterte, dass Homosexualität in der DDR anders behandelt wurde, als in der BRD, in der man den Paragraphen 175 in der verschärften Nazi-Fassung einfach übernommen habe. In der DDR habe man sich an den Gesetzestext aus der Weimarer Republik gehalten, bis 1958 die Entkriminalisierung erfolgte. Im Jahr 1969 schließlich wurde der Paragraph ganz aus dem Gesetzesbuch entfernt, während der in der Bundesrepublik in entschärfter Variante bis 1994 Bestand hatte. Dennoch war das Leben für Homosexuelle auch in der DDR nicht leicht. Es gab zum Beispiel Berufsverbote: Offizier, Lehrer oder Beamter im Staatsapparat konnte ein Homosexueller offiziell nicht werden. Infolge sahen sich nicht wenige genötigt, ihre Sexualität heimlich auszuleben, was Erpressern und Gewalttätern Tür und Tor öffnete. Viele homosexuelle Bürger versuchten daher, die DDR zu verlassen – den Zurückgebliebenen, so erinnerte sich Dirk Kummer, blieb nichts übrig als eine Kerze ins Fenster zu stellen. Als Zeichen der Solidarität mit den Geflüchteten.
»Aus der Haut« oder die Aktualität der Thematik
Zwei Filmausschnitte aus einem aktuellen ARD-Film „Aus der Haut“ (2015) von Stefan Schaller verwiesen auf die Aktualität der Erzählung von „Coming Out“. Die deutlich erhöhte Suizidalität jugendlicher Homosexuller, die Probleme mit den gesellschaftlichen und familiären Erwartungshaltungen, die ein Coming Out bis heute begleiten. So war der Abend des 9. November 2016 auch in anderer Hinsicht historisch: Es war auch der Tag der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Eine Wahl, die kein gutes Signal bedeutet für die weitere Emanzipation von Minderheiten. Auf dem Podium war man sich einig, dass der Aufstieg des Rechtspopulismus mit Sorge zu betrachten ist. Und verstärktem Engagement.
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Angekommen in Berlin – Drei Frauen aus arabischen Ländern erzählen
Berlin – 17.05.16. Die Abschlussveranstaltung der Kampagne Kiss Kiss Berlin 2016 – gegen Homophobie, Rassismus und Hassgewalt, für Toleranz und Vielfalt am 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homo- und Trans*phobie, fand im Mann-O-Meter am Nollendorfplatz statt. MANEO hatte dazu Vertreterinnen von Al Nadi, dem Treffpunkt für arabische Frauen, und KIDÖB, dem Treffpunkt für türkische Frauen im Nachbarschaftsheim Schöneberg zu sich eingeladen. Drei Frauen von Al Nadi und KIDÖB berichteten an diesem Abend, was sie nach Berlin geführt hatte und wie sie ihr Ankommen in der für sie zunächst fremden Stadt erlebt haben.
Lina Ganama stammt ursprünglich aus Damaskus, Syrien, und zog 1987 ihrem Ehemann in das damalige West-Berlin nach. Sie lebt bis heute in derselben Wohnung im westlichen Teil Kreuzbergs. Ihr Zugang zur Berliner Stadtgesellschaft fand, so sagt sie heute, vor allem über den Spracherwerb statt, getreu dem Motto: „Ein Pass ist ein Mittel über die Grenze, die Sprache der Zugang zur Gesellschaft“. Mit der Hilfe einer sehr engagierten Sprachdozentin lernte Lina schnell Deutsch und konnte so die Stadt und ihre Menschen nach und nach für sich erschließen. Seit 1989 engagiert sie sich für Al Nadi und vermittelt ihr Wissen an neu-ankommende Frauen.
Khoulod Ismail stammt aus dem Oman und lebt erst seit Kurzem in Deutschland. Vor einem Jahr entschied sie sich, zusammen mit ihrem Sohn aus ihrem Heimatland nach Berlin zu ziehen. Sie lernt gerade intensiv Deutsch, verständigt sich aber sicherheitshalber noch in fließendem Englisch. Bessere Jobchancen im Vergleich zur Heimat haben sie zu dieser Entscheidung gebracht. Khoulod sammelte bereits während ihres Masterstudiums in England Erfahrungen mit dem Leben in der Fremde, und ist somit international ausgerichtet.
Ayfer Özcoban zog als Kind mit ihrer Familie aus der Türkei nach Berlin. Nachdem ihr Vater bereits 1969 nach Deutschland gezogen war, um hier zu arbeiten, folgte sie drei Jahre später zusammen mit ihrer Mutter in die große Stadt nach. Das Leben in Kreuzberg und Neukölln und die kulturelle Vielfalt und Toleranz waren für ihre Kindheit prägend. Obwohl ihre Eltern ein stark religiös geprägtes Leben führen, vermittelte ihr die Mutter stets, dass sich mit dem Glauben persönliche Erfahrung und Entscheidung verbinden. So war immer klar, dass Ayfer ihren Glauben so leben sollte, wie es für sich selbst richtig ist.
Die etwa 40 Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg Angelika Schöttler, erhielten in der von MANEO-Leiter Bastian Finke moderierten Gesprächsrunde viele persönliche Einblicke in das Leben der drei Frauen, für die es eine Premiere war, vor einem fast ausschließlich lesbisch-schwulen Publikum zu sprechen. Alle drei Frauen waren verheiratet, haben sich jedoch zwischenzeitlich von ihren Ehemännern getrennt und ihre Kinder größtenteils alleine aufgezogen bzw. tun es noch immer: Ayfer hat zwei Söhne, die Twens sind, Khoulod einen sechsjährigen Jungen und Lina zwei Töchter, die wie Ayfers Kinder mittlerweile erwachsen sind.
Neben den vielen schönen Erfahrungen, die ihren Alltag mit Menschen in Berlin begleitet haben, konnten alle drei Frauen auch von negativen Erlebnissen berichten. Lina wurde in den späten 80er Jahren einmal auf der Straße angepöbelt, da ihr Deutsch damals noch nicht so gut war erkannte sie erst im Nachhinein, dass sie rassistisch beleidigt worden war. Ayfer setzte in der Kindheit vor allem zu, dass Berlin im Winter so kalt, grau und unwirtlich war. Trotzdem fühlen sie sich in Berlin heute ganz und gar zu Hause zu fühlen.
Auf das Thema LSBT* angesprochen zeigten alle drei Frauen eine große Offenheit. Sie wünschen sich insbesondere für ihre Kinder, dass sie so glücklich werden, wie es für sie selbst richtig ist, ohne Diskriminierung und Gewalt auf Grund der sexuellen Orientierung, der Herkunft oder anderer Persönlichkeitsmerkmale. Sie setzen sich für ein offenes, vielfältiges und tolerantes Berlin ein und wollen das weiter tun. Auf die Frage, wie ihre Ex-Männer zu dem Thema stünden, erklärten die Frauen unumwunden, dass für sie Homo- und Transsexualität ein Tabuthema sei. Doch das sei deren Problem. Sie wollen dafür sorgen, dass ihre Kinder ein freies und selbstbestimmtes Leben führen können.
MANEO kennt AlNadi und KIDÖB bereits seit den 90er Jahren und kooperiert in den vergangenen zwei Jahren über seine Flüchtlingsarbeit besonders eng mit den sehr engagiert und professionell arbeitenden Frauen aus dem Nachbarschaftsheim.
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Integrationsmotor Sport?!
Berlin – 01.04.2016. Vorspiel SSL Berlin e.V. und MANEO – Das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin luden gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion ins Rathaus Charlottenburg ein. Das Thema lautet „Integrationsmotor Sport?! Homophobie und Trans*phobie im Sport“. Wie tolerant und respektvoll ist die deutsche Sportlandschaft gegenüber homosexuellen und trans*sexuellen Menschen? Wie tragen sportliche Aktivitäten zum Empowerment bei? Die Radio1-Moderatorin Frauke Oppenberg diskutierte darüber mit ihren Podiumsgästen Balian Buschbaum, Hannes Delto und Carsten Grohne.
„Transsexualität wird immer noch viel zu oft gesellschaftlich tabuisiert und begegnet aufgrund von Unkenntnis vielerlei Vorurteilen. Auch hier kann der Sport mit seiner Integrationskraft dazu beitragen, Stigmatisierungen abzubauen. Deshalb war es mir wichtig, für die Initiative von MANEO und SSV Vorspiel die Schirmherrschaft zu übernehmen“, erklärt Schirmherr der Veranstaltung Reinhard Naumann.
Der Weg für Toleranz, Respekt und Vielfalt im deutschen Sport ist noch weit, so war sich auch das Podium einig. Dennoch lohnt sich Engagement, um Homo- und Trans*phobie im Sport abzubauen. Etwa 50 Gäste verfolgten ein engagiertes Podiumsgespräch, in dem bald auch Differenzen zwischen Einzelsportdisziplinen und Mannschaftssportarten deutlich wurden. Offensichtlich wurde dem Breitensport Leichtathletik bislang viel zu wenig Aufmerksamkeit als integrationsmotor gewidmet.
Balian Buschbaum, der als Yvonne Buschbaum große internationale Erfolge im Stabhochsprung gefeiert hatte, ist heute als Trainer, Autor und Coach tätig. Er klärte in einem Impulsbeitrag über vielfältige Varianten von Geschlechts- und Sexualidentität bzw. -orientierung auf, um dann über konkrete eigene Erfahrungen aus dem Leistungssport zu berichten. Danach konnte der Eindruck gewonnen werden, dass in den Einzeldisziplinen Outings und auch Transsexualität von Sportlerinnen und Sportlern anders verlaufen als in Mannschaftssportarten. Hinweise darauf gab auch der Sportsoziologe Hannes Delto von der Universität Leipzig, der von Ergebnissen der Querschnittsstudie „Wir und die Anderen – Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im organisierten Sport in Sachsen“ berichtete. Untersucht wurde erstmals das Syndrom Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im organisierten Sport – ausgehend von einer Ideologie der Ungleichwertigkeit – die im Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit von Wilhelm Heitmeyer (Universität Bielefeld) entwickelt wurde. Die Studie wurde im vereinsorganisierten Sport im Bundesland Sachsen durchgeführt. Insgesamt wurden 1.502 Sportlerinnen und Sportler in der ersten Hälfte des Jahres 2012 befragt. Im Ergebnis zeichnen sich Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Islamfeindlichkeit und die Abwertung von Homosexuellen im organisierten Sport als vorrangig handlungsrelevante Dimensionen ab. Gleichwohl lässt sich feststellen, dass Sporttreibende, die einer bestimmten Gruppe gegenüber feindselige Mentalitäten haben, auch häufiger dazu neigen, andere Gruppen wie Frauen, Juden/Jüdinnen oder Menschen mit Behinderung abzuwerten.
An dieser Stelle der Diskussion zeichnete sich ab, dass Einzelsportarten und Veranstaltungen, die sich diesen Disziplinen widmen, ein großes, wenn bislang auch viel zu wenig beachtetes Potential für die Integration von LSBT* im Sport eingeräumt werden müsste. Während in Gruppensportarten Mannschaften gegeneinander wettkämpfen und sich darüber Fanparteien organisieren, heben sich Wettkämpfe in den Einzeldisziplinen davon ab. Damit bieten sich auch dem Sportfest „Setz ein Zeichen – mach das Sportabzeichen“ große Chancen, weil jede teilnehmende Person, ob LSBT* oder Hetero, individuelle Ziele erreichen und ab einer bestimmten Leistung Bronze, Silber oder Gold gewinnen kann, ohne dass dabei Rivalitäten und Konkurrenzen entstehen. So warb denn auch Carsten Grohne für das bevorstehende Sportfest und fand damit unser den Gästen große Zustimmung.
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Diskussion im Auswärtigen Amt: Sexuelle Minderheiten unter Druck
Amnesty International beklagt fehlende einheitliche Strategie der deutschen Bundesregierung.
Berlin – 28.01.2015. Am 28. Januar lud der Staatsminister für Europa, Michael Roth (SPD, MdB), zu einer abendlichen Diskussionsveranstaltung ins Auswärtige Amt nach Berlin ein. Über das Thema „Sexuelle Minderheiten unter Druck: Was tun gegen Diskriminierung und Aus-grenzung?“ sprachen Selmin Çali?kan, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, André Puchta, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Berliner Fried-richstadt-Palastes und Boris Dittrich, Leiter des LGBT Rights Program von Human Rights Watch. Moderiert wurde die Veranstaltung von taz-Journalist Martin Reichert.
Etwa 120 Gäste folgten der Einladung ins Auswärtige Amt, unter ihnen Vertreterinnen und Vertreter elf europäischer Botschaften, der USA und Mexiko, Bundesministerien, der evangeli-schen Kirche sowie der in Berlin vertretenen LSBT*-Szenen. Anlass zur Diskussion bot die Tatsache, dass nach wie vor in mehr als 70 Staaten weltweit Angehörige sexueller Minderhei-ten strafrechtlich verfolgt werden. Häufig drohen ihnen lange Haftstrafen – in elf Staaten sogar die Todesstrafe. So stand die Frage im Raum: Was können Regierungen gegen diese weltweite Diskriminierung und Unterdrückung unternehmen – und welchen Beitrag kann die Zivilge-sellschaft leisten? Denn, „für jeden aufgeklärten Europäer sollte der Kampf gegen Homophobie ebenso selbstverständlich sein wie der Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und die Ausgrenzung anderer Minderheiten“ – wie Staatsminister Michael Roth in seiner Eröff-nungsrede betonte.
Die Zivilgesellschaft muss kompromisslos reagieren
Zahlreiche Beispiele zeigen, wie aus der Mitte der Zivilgesellschaft auf diese Menschrechtsver-letzungen reagiert wird und werden kann. Es sind sowohl Proteste, Boykotte oder aber auch Gespräche, die mit Vertreterinnen und Vertretern von Regierung und Zivilgesellschaft gesucht werden. Große öffentliche Wirksamkeit hatte z.B. eine Aktion des Berliner Friedrichstadt-Palastes gezeigt. Er hatte zu seiner Premiere der Show THE WYLD am 23. Oktober 2014 die Botschafterinnen und Botschafter aus 83 Staaten nicht mehr mit Ehrenkarten zu seiner Premi-ere eingeladen, in deren Ländern LSBTI aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und kriminalisiert werden. „Wir sind tolerant. Nur gegenüber Intoleranz sind wir intolerant. Das wer-den wir auch in Zukunft so handhaben“, so André Puchta, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsar-beit des Berliner Friedrichstadt-Palastes. Der Friedrichstadt-Palast war dafür im letzten Jahr mit dem MANEO-Award 2014 ausgezeichnet worden.
„Der Einsatz für die Menschenrechte muss kompromisslos sei“, so Selmin Çali?kan, General-sekretärin von Amnesty International Deutschland, „ebenso, muss der Dialog mit Repräsentan-ten dieser Staaten und den in den Ländern tätigen Zivilorganisationen fortgesetzt werden“, so Boris Dittrich von Human Rights Watch. Erfolgreich waren internationale Proteste gegen Uganda, als in dem Land die Einführung der Todesstrafe für Homosexuelle im Parlament dis-kutiert worden war. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Dialog zwischen den Kir-chen in Afrika und beispielsweise in Europa und USA, der auch vom Auswärtigen Amt gefördert wurde, um Gesetze gegen LSBTI zu liberalisieren.
Im Bündnis mit Heterosexuellen – Einsatz für Menschenrechte muss glaubwürdig sein
„Der Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung kann nicht von LSBTI alleine ausge-fochten werden. Erforderlich sind Allianzen und Bündnisse mit Heterosexuellen“, so Boris Dittrich. „Letztendlich geht es im Einsatz für LSBTI-Rechte um den Einsatz für Menschen-rechte. Menschenrechte sind unteilbar. Glaubwürdig wird dieser Kampf erst dann, wenn auch im eigenen Land die Hausaufgaben gemacht werden und die volle Gleichberechtigung durchgesetzt wird“, so Selmin Çali?kan. In diesem Zusammenhang erinnerte Boris Dittrich daran, dass für die Durchsetzung von Grundrechten noch viel getan werden muss. Litauen als EU-Staat hat beispielsweise Informationen über Homosexualität an allen Schulen des Landes verboten und sich damit gegen bestehende EU-Gesetze gestellt, mit denen die EU gegen die Diskriminierung auch von LSBTI vorgehen will. Hier räumte Michael Roth Handlungsbedarf der EU ein und erklärte, dass sich der Ministerrat jetzt auf ein Verfahren verständigt hat, um zumindest die Diskrepanzen innerhalb der EU thematisieren zu können.
Das Beispiel Russland belegt außerdem, wie sehr zivile Bürgerrechtsorganisationen unter Druck geraten, ihre Organisationen sogar im Land schließen bzw. ins Ausland verlegen müs-sen, dass damit zunehmend auch zivile Organisationen als Ansprechpartner ausfielen, so dass letztendlich nur noch die Außenministerien von beispielsweise europäischen Staaten übrig blieben, um Bürgerrechtsgruppen zu unterstützen.
„Aus meiner Sicht muss die Bundesregierung in ihrer Verantwortung als eines der wichtigsten und mächtigsten EU-Mitglieder noch eine Strategie entwickeln, wie sie in Zukunft die Rechte von LSBTI besser schützen will. Hier fehlt noch eine einheitliche Strategie“, so Selmin Çali?kan. „Auch in Deutschland muss noch eine Menge getan werden. Ich werde beispielsweise gefragt, warum Deutschland nicht endlich die gleichgeschlechtliche Ehe einführt, so wie bereits in vielen Ländern West-Europas. Auch die noch immer überdurchschnittliche Selbstmordrate unter LSBTI in Deutschland muss Anlass zu großer Sorge sein“, so Boris Dittrich.
Michael Roth würdigte abschließend das Engagement von Aktivistinnen und Aktivisten aus der Zivilsgesellschaft, das als Anstoß für politische Maßnahmen unverzichtbar bleibe. Er dankte MANEO-Projektleiter Bastian Finke für die Initiative und die Vorbereitung der Diskussionsver-anstaltung.
Link zu è Rede von Europastaatsminister Michael Roth:
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Talkrunde:
MANEO, Polizei und Staatsanwaltschaft im Gespräch
Berlin – 14.11.14. Im Rahmen der öffentlichen Diskussion zum Thema „Hassgewalt und Homophobie im Berliner Alltag“ war die Expertise von MANEO gefragt. Projektleiter Bastian Finke diskutierte als geladener Referent mit Polizei-präsident Klaus Kandt und Oberstaatsanwältin Ines Karl über Opferhilfearbeit sowie Strategien im Umgang mit Gewalt und Diskriminierung gegen LSBT*-Personen. Ein-geladen hatten die queer-politischen Sprecher von SPD und CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, Tom Schreiber und Stefan Evers.
Etwa 40 Teilnehmende hatten sich am 10. November um 19 Uhr im Café Ulrichs der Berliner Aidshilfe versammelt, um mit dem Podium zu diskutieren. Im Vordergrund der Diskussion standen die Erfordernisse der Opferhilfearbeit, Bemühungen zur Prävention von Gewalttaten, sowie die Rolle der Strafverfolgung. Auch die Zusammenarbeit zwischen dem Anti-Gewalt-Projekt und den Ermittlungsbehörden war ein Thema. „Große Schritte wurden gemacht, dass heute Berliner Polizei und Berliner Justiz aktiv auf die LSBT*-Szenen zugehen“, erläuterte Bastian Finke. Er bedankte sich dafür beim Berliner Polizeipräsidenten Klaus Kandt und Oberstaatsanwältin Ines Karl.
Stefan Evers, Mitglied des Abgeordnetenhauses und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, moderierte gemeinsam mit Tom Schreiber, Mitglied des Abgeordnetenhauses und Queerpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
Stefan Evers: „Umfassende Präventionsarbeit und klare Kante müssen Hand in Hand gehen im Kampf gegen Homophobie und Hassgewalt im Alltag. Auch wenn wir in den letzten Jahren gerade im Zusammenwirken mit den Strafverfolgungsbehörden eine Menge erreicht haben, liegt noch viel Arbeit vor uns. Die Zahl homophober Übergriffe in Berlin und erst recht die hohe Dunkelziffer bleiben eine gesellschaftliche Herausforderung, der wir uns stellen müssen.“
Tom Schreiber „Hassgewalt und Homophobie gehören leider auch zum Alltag in Berlin. Wir konnten in den letzten Jahren die richtigen Weichen gegen Hassgewalt und Homophobie stellen. Ein Ausbau bei der Prävention. Schaffung von Ansprechpartnern bei der Justiz, wie zuvor schon bei der Polizei Berlin. Dennoch muss dieses Netzwerk intensiviert werden. Wir werden als Koali-tion aus SPD-Fraktion und CDU-Fraktion im Rahmen der „Initiative Sexuelle Vielfalt“ (ISV) den Ausbau vorantreiben.“