Holocaustgedenktag
Aus: MANEO+ -Newsletter #48
Regelmäßig beteiligt sich MANEO an Gedenkveranstaltungen anlässlich des Holocaustgedenktages am 27. Januar. Nach dem entsetzlichen Angriff der Hamas auf Israel und der gleichzeitigen Zunahme antisemitischer Übergriffe der in Berlin und Deutschland lebenden Juden setzte MANEO gemeinsam mit seinem Bündnispartner Hertha BSC und dem Berliner Fußballverband ein weiteres Zeichen, auch am Gleis 17. Am Morgen des 27 Januar 1945 befreiten Soldaten der sowjetischen Armee 7000 Gefangene des Konzentrationslagers Auschwitz. Allein hier ermordeten die Nazis eine Million Jüdinnen und Juden. (1) Den sowjetischen Soldaten bot sich ein entsetzliches Zeugnis des beispiellosen Vernichtungswillens der Nationalsozialisten. (2) In Belsen, Buchenwald und anderswo ging das Morden weiter, bis der Nationalsozialismus endgültig besiegt wurde. (3 )
1996 erklärte der damalige deutsche Bundespräsident Roman Herzog erstmals den 27. Januar zum Tag des zentralen Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. (4) 2005 beschlossen dann anlässlich des 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau die Vereinten Nationen den 27. Januar als Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (International Holocaust Remembrance Day). Gedacht wird allen Opfern der Nationalsozialisten: Juden, Roma und Sinti, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen, Kriegsgefangene, Menschen deren Leben für „lebensunwert“ erklärt wurde. (5)
Die zentrale Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland findet jeweils im Bundestag statt. An vielen öffentlichen Gebäuden wehen die Flaggen an diesem Tag auf Halbmast. Darüber hinaus werden landesweit viele weitere Gedenkveranstaltungen dezentral und mit viel bürgerschaftlichem Engagement organisiert. Daran beteiligt sich auch MANEO seit vielen Jahren. Die Botschaft ‚Nie wieder‘ muss regelmäßig erneuert werden, damit sie in unserem Leben eine Mahnung und Aufforderung bleibt.
Zwei verstörende aktuelle Ereignisse
In diesem Jahr stand der Holocaustgedenktag unter gleich zwei vorausgegangenen erschütternden und verstörenden Ereignissen. Zum einen hatte am 7. Oktober 2023 der mörderische Überfall der Hamas auf Israel stattgefunden. Mit dem Überfall nahmen gleichsam Übergriffe gegen jüdische Mitbürger*innen in Berlin und Deutschland zu. Wahllos wurden jüdische Menschen in unserem Land angegriffen, auf der Straße oder im Internet. MANEO hatte mit seinen Beiratsmitgliedern im Oktober ein Statement verfasst und sowohl den brutalen Angriff auf Israel und die Übergriffe auf Menschen jüdischen Glaubens klar verurteilt, gleichsam auch alle politisch Verantwortlichen zur Besonnenheit ermahnt. Zum anderen war Mitte Januar 2024 publik geworden, dass sich Rechtsextreme am 25. November 2023 in der Villa Adlon am Lehnitzsee in Potsdam getroffen hatten. Auf der Veranstaltung hatte ein Rechtsextremist seine als „Masterplan zur Remigration“ bezeichneten Überlegungen vorgestellt. Sowohl die inhaltlichen Enthüllungen als auch die Vernetzung zwischen AfD und anderen Rechtsextremen hatte eine Welle der Empörung ausgelöst und zu zahllosen Demonstrationen in ganz Deutschland geführt, auch weil der Begriff ‚Remigration‘ „als verharmlosende Umschreibung einer Ausweisung, Abschiebung, Vertreibung und/oder Deportation sowohl von Asylbewerbern und Ausländern mit Bleiberecht als auch von ‚nicht assimilierten‘ deutschen Staatsbürgern verstanden“ wurde. In Anlehnung an die historische Wannseekonferenz, die nur sieben Kilometer entfernt in der Villa Marlier stattfand, sahen vielfach Menschen Parallelen. (6)
Gedenken am Gleis 17
Aus diesen Gründen hatte MANEO zu einer Gedenkveranstaltung ans Gleis 17 eingeladen. Seit vielen Jahren beteiligt sich MANEO bereits an einer regelmäßigen Gedenkveranstaltung am Nollendorfplatz. Die letzten Ereignisse veranlassten jedoch MANEO, zu einer weiteren Veranstaltung ans Gleis 17 einzuladen, zusammen mit seinem Bündnispartner Hertha BSC und dem Berliner Fußballverband. An der Gedenkveranstaltung nahmen über 50 Personen teil, darunter Seyran Ateş, ‚Ibn Rushd-Goethe Moschee‘ und Beiratsmitglied von MANEO, Peer Mock-Stümer, Präsidiumsmitglied von Hertha BSC und Mitglied des Berliner Abgeordnetenhaus, Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußballverbandes, Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper Berlin, Lala Süsskind, Jehi Or – Jüdisches Bildungswerk für Demokratie – gegen Antisemitismus‘, Ulrike Trautwein, Generalsuperintendentin der Evangelischen Kirche Berlin, Ralf Wieland, ehem. Präsident des Berliner Abgeordnetenhaus, weitere Vertreterinnen des Berliner Fußballverbandes und von Hertha BSC und Mitglieder der CDU, SPD und Die Grünen.
Peer Mock-Stümer und Lala Süsskind hielten während der Gedenkveranstaltung kurze Ansprachen. Anschließend wurden von allen Beteiligten Blumen am Gleis 17 niedergelegt. Nie wieder!
Gedenken am Nollendorfplatz
Das Gedenken am Nollendorfplatz lenkt jedes Jahr den Fokus auf die homosexuellen Opfer der Nationalsozialisten. Hier war 1989 mit einer Gedenktafel ein erster öffentlicher Gedenkort für die von den Nationalsozialisten ermordeten Homosexuellen in Berlin geschaffen worden. Auf dem Rosa Winkel steht: „Totgeschlagen – Totgeschwiegen – den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus“. ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ veranstaltet hier jedes Jahr eine Gedenkveranstaltung gemeinsam mit MANEO, der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaften (GEW) und dem LSVD Berlin Brandenburg e.V.
Auch hier waren die aktuellen besorgniserregenden Entwicklungen Thema. Den Rednerinnen war wichtig, auf die derzeitige Situation der in Berlin und Deutschland lebenden Jüdinnen einzugehen, die sich seit dem 7. Oktober 2023 verschlimmert hat. Betont wurde, dass bürgerschaftliches Engagement für den Erhalt unserer Demokratie und dem damit verbundenen Minderheitenschutz ebenso unerlässlich ist wie eine klare Haltung gegen menschenverachtende Ideologien. Der Appell aller Rednerinnen war, jeglichem Antisemitismus und Menschenhass entgegenzutreten und Haltung einzunehmen, egal aus welcher Richtung Hass und Gewalt kommen.
Zunahme antisemitischer Übergriffe um 50%
Im Mai 2024 berichtete dann die „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“ Berlin (RIAS-Berlin), dass sie im Jahr 2023 einen Anstieg antisemitischer Übergriffe von 50% gegenüber dem Vorjahr ermittelt habe. Berlin ist keine Ausnahme. Auch andernorts explodierten die Zahlen mit dem Überfall der Hamas auf Israel. Die RIAS-Stelle im Bundesland Hessen vermeldete, dass mehr als 60% der 528 dokumentierten Vorfälle im Jahr 2023 sich allein in den letzten drei Monaten des Jahres ereignete hatten. (7)
1 Vgl. https://www.coe.int/de/web/portal/27-january-holocaust-remembrance-day (gesehen 27.05.2024)
2 Vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/27-januar-tag-des-gedenkens-an-die-opfer-des-nationalsozialismus-806632 (gesehen 27.05.2024) 3 Vgl. ebd.
4 Vgl. https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/Neuauflage_info%20aktuell_27_Januar_Gedenktag_barrierefrei_neueAltTexte.pdf (gesehen 28.05.2024)
5 Vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/27-januar-tag-des-gedenkens-an-die-opfer-des-nationalsozialismus-806632 (gesehen am 27.05.2024)
6 „Juristenverbände warnen vor ‚zweiter Wannseekonferenz‘“. In: Deutschlandfunk, vom 24.01.2024, https://www.deutschlandfunk.de/juristenverbaende-warnen-vor-zweiter-wannseekonferenz-102.html (gesehen am 26.05.24). Auch: „Faeser über Lehnitzsee-Treffen – ‚Das weckt Erinnerungen an die Wannseekonferenz‘“. In: ntv, vom 20.01.24, https://www.n-tv.de/politik/Das-weckt-Erinnerungen-an-die-
Wannseekonferenz-article24676273.html (gesehen am 26.05.24).
7 Vgl. https://www.dw.com/de/gewalt-und-angst-berlins-juden-in-sorge/a-69150259 (gesehen 27.05.2024).