Einen Vorfall online melden

MANEO hat im letzten Jahr 659 Hinweise auf Gewalttaten entgegengenommen, von denen 291 am Tatort Berlin begangene Fa?lle mit einem „homophoben und trans*phobem Hintergrund“ konkret ausgewertet wurden. Diese Zahlen zeigen, dass homo- und trans*phobe Übergriffe jedem passieren können, selbst in einer diversen und offenen Stadt wie Berlin. Dennoch wissen wir, dass diese Zahlen nur einen Bruchteil von den Erfahrungen widerspiegeln, die LSBT* im Alltag machen. MANEO erklärt, warum es wichtig ist, homo- und trans*phobe Vorfälle zu melden und zeigt, wie einfach es funktioniert.

LSBT* erleben heute immer noch homo- und trans*phobe Übergriffe. Ganz gleich, ob allein auf der Straße, händchenhaltend im Park oder beim Abschiedskuss am Bahnhof. Jeder LSBT* kennt das Bauchgefühl oder die Angst, dass man vorsichtig sein muss, weil man sonst beleidigt, bespuckt oder gar körperlich verletzt werden kann. Viele haben diese Erfahrungen schon gemacht. Doch nur wenige melden solche Vorfälle. Dabei wäre das jedoch wichtig: um für seine eigenen Rechte einzustehen, um das tatsächliche Ausmaß der Gewalt darstellbar zu machen und um die Gewaltprävention zu stärken.

Versteck Dich nicht.

Noch immer ergeben sich viele Betroffene ihrem vermeintlichen Schicksal. Sie glauben, dass es eben zum Alltag von LSBT* dazu gehöre, Beleidigungen oder andere Formen von Übergriffen zu erdulden. Andere wollen den Vorfall einfach schnell vergessen oder sie meinen, dass sich der Aufwand einer Meldung nicht lohne, weil keine Beschuldigten ermittelt werden können.

Aber es lohnt sich, darüber zu sprechen. Denn viele teilen ähnliche Erfahrungen. Darüber sprechen kann helfen, eigene Stärke zurück zu gewinnen und selbstbewusst und selbstsicher weiter durch das Leben zu gehen.

Und: Die Weitergabe von eigenen Erfahrungen kann auch anderen helfen. Durch Hinweise auf Gefahrenorte oder Gefährder können Präventionsmaßnahmen veranlasst werden. Letztendlich können dann auch Anzeigen bei der Polizei dazu beitragen, dass Gefahren bekannt werden und die Durchführung von Einsätzen veranlasst wird. Das gilt insbesondere, wenn ähnliche Vorgehensweisen oder gleiche Personen beschrieben werden. Damit kann verhindert werden, dass anderen Menschen das Gleiche widerfährt.

Hilfreich ist es immer auch, wenn Zeugen Hinweise geben, also Menschen, die Vorfälle beobachtet und miterlebt haben oder Auffälligkeiten beobachtet haben. Sie alle helfen mit.

Verschiedene Möglichkeiten einer Fallmeldung

MANEO weiß von den Hürden, die manche Betroffene überwinden müssen, um nach einem erschütternden Erlebnis bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten und dabei nicht nur über die Tat, sondern auch das Erleben und manchmal über die eigene Sexualität zu sprechen. Hier steht MANEO selbstverständlich mit professioneller Hilfe unterstützend zur Verfügung. Außerdem stehen bei der Polizei und bei der Staatsanwaltschaft LSBT*-Ansprechpersonen zur Verfügung. Wer nicht zur nächsten Polizeiwache gehen möchte, kann auch über die Internetwache auf der Homepage der Berliner Polizei Anzeige erstatten.

Der Weg, MANEO zu erreichen, ist es relativ einfach. Täglich zwischen 17-19 Uhr ist das ‚Überfalltelefon‘ besetzt, an Werktagen (Montag – Freitag) kann auch ein persönliches Erstgespräch in unserem Büro angeboten werden. Betroffene kommen ins Mann-O-Meter und fragen einfach nach MANEO. An jedem Donnerstag bieten wir zusätzlich Erstgespräche mit Sprachmittlern auf Arabisch an.

Außerdem kann uns rund um die Uhr ein Fall online gemeldet werden.

Fallmeldungen online und anonym

Die online-Meldung bei uns erfolgt so, dass Du selbstverständlich auch Deine Identität verbergen kannst, also uns gegenüber anonym bleibst. Der online-Fragebogen wird nämlich über ein Kontaktformular auf unserer Homepage ausgefüllt und uns per E-Mail zugeschickt.

Wir erhalten nur die Informationen, die Du uns mitteilst. Je mehr Du uns jedoch zur Verfügung stellst, desto klarer werden uns Sachverhalte, desto besser können wir sie verstehen.

Am Ende des Meldebogens fragen wir nach Deinem Namen, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Diese Angaben helfen uns nur, um noch einmal persönlich bei Dir nachfragen zu können, um Unklarheiten und mögliche Missverständnisse zu klären. Sie werden sonst nicht weiter genutzt. Die Angaben sind auch hilfreich, falls eine Beratung gewünscht wird und wir Kontakt aufnehmen sollen.

Einfache Fragen im Fragebogen

Der online-Fragebogen hat einen einfachen Aufbau. Er strukturiert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden Fragen zum Vorfall, im zweiten Teil zur Nachsorge und im dritten Teil Fragen zur meldenden Person gestellt.

Der erste Teil beschäftigt sich mit den „W“-Fragen zum Vorfall und Geschehen: Was ist passiert? Wie ist es passiert? Wann und wo ist es passiert? Wem ist es passiert? Warum ist es passiert? Wie viele Personen waren betroffen? Welche Verletzungen gibt es?

Der zweite Teil beschäftigt sich mit Fragen, die sich mit dem Geschehen nach dem Vorfall befassen: Wurde der Vorfall bei der Polizei angezeigt? Konntest Du bereits mit Vertrauenspersonen über den Vorfall sprechen? War die Unterstützung bisher ausreichend?

Im dritten Teil fragen wir nach persönlichen Angaben zur meldenden Person. Einige Angaben unterstützen unsere Statistik, z.B. Angaben zum Alter oder zum Wohnort. Bei der Auswertung werden wissenschaftliche Standards eingehalten und die personenbezogenen Daten, die uns zur Verfügung gestellt werden, anonymisiert. Diese sind für uns nur nach der direkten Fallmeldung relevant, um noch einmal nachfassen zu können.

Fallbeispiele:

Im Folgenden schildern wir zwei Fälle, mit denen sich MANEO in der Vergangenheit auseinandergesetzt hat. Damit möchten wir verdeutlichen, wie wichtig Hinweise sein können.

Fallbeispiel 1:

Ein schwuler Mann verabredet sich über eine bekannte Dating App zu einem Blind-Date. Das Date stellt sich als Falle heraus und der schwule Mann wird in der Nähe eines S-Bahnhofes ausgeraubt und körperlich verletzt. Er entschließt sich nach der Gewalttat, bei der Polizei Anzeige zu erstatten und MANEO den Vorfall zu melden.

Zwei Tage später meldet sich ein weiterer schwuler Mann bei MANEO und gibt an, ein Treffen mit einem Mann über dieselbe Dating Plattform verabredet zu haben. Der schwule Mann entscheidet sich dann jedoch, bei MANEO anzurufen, weil ihm die Art und Weise der Verabredung unheimlich erschien. Die Verabredungen und die Verabredungsorte ähneln sich sehr. Dem schwulen Mann wird empfohlen, mit der Polizei Kontakt aufzunehmen. Kurz darauf verabredet sich der schwule Mann mit seinem ‚Date‘ erneut. Doch dieses Mal wartet die Polizei am Verabredungsort und kann wenig später den Beschuldigten auch als den Tatverdächtigen ermitteln, der zuvor den anderen schwulen Mann ausgeraubt und verletzt hatte.

Fallbeispiel 2:

Im U-Bahn Zug wird ein schwuler Mann von einem anderen Mann angesprochen, beleidigt und geschlagen. Das Opfer erklärt gegenüber der verständigten Bundespolizei, dass der Tatverdächtige ihn höchstwahrscheinlich deshalb angegriffen habe, weil er als schwuler Mann mit seinem Regenbogen-Sticker auf seiner Tasche vom Täter erkannt worden sei. Der aufnehmende Polizeibeamte wollte den geäußerten Verdacht nicht gelten lassen und nahm den Hinweis nicht ins Protokoll auf.

Das Opfer meldete sich wenige Tage später bei MANEO und berichtete vom abweisenden Verhalten des Polizisten. Mit Unterstützung von MANEO schreibt der Betroffene einen nachträglichen Bericht, in dem er seinen Verdacht äußert. Der Hinweis kann mit Hilfe der Ansprechpersonen für LSBT* bei der Berliner Polizei dem Fall zugeordnet und dem sachbearbeitenden Polizeibeamten zugestellt werden.

Merkkasten:

Gründe, einen Fall bei MANEO zu melden:

•    Weil der Vorfall von einer unabhängigen Stelle erfasst wird.

•    Weil ich mich empöre und meine Rechte einfordere.

•    Weil MANEO diese Hinweise zur Verbesserung seiner Gewaltpräventionsarbeit verwenden soll.

•    Weil ich mich mitteilen und mit erfahrenen Mitarbeitern ins Gespräch kommen kann.

•     Weil ich den Vorfall bekannt machen will.

•    Weil ich damit Solidarität zeige und dazu beitragen kann, ähnliche Straftaten aufzuklären.

•    Weil ich anonym bleiben kann.

•    Weil ich keinen Kontakt mit der Polizei wünsche.