Weitere internationale Vernetzung

nternationaler Fachaustausch

Wie unter Punkt (Building Bridges) beschrieben, bemüht sich MANEO um internationalen Austausch. Dieser Austausch ist stets abhängig von zusätzlichen finanziellen und personellen Ressourcen. MANEO ist nur in der Lage Austausch zu realisieren, wenn diese Ressourcen vorhanden sind. Grundsätzlich ist uns ein internationaler Austausch wichtig, weil der Kampf gegen Homophobie und Transphobie internationale Zusammenarbeit verlangt.

Austausch mit Israel

Nach dem schweren Anschlag auf den LSBT*-Jugendtreff ‚Bar Noir‘ der Organisation Agudah in Tel Aviv 2009 gründeten wir die ‚Berliner Regenbogenbrücke‘, mit der wir – überwiegend aus Spenden und mit Hilfe von Sponsoren finanziert – 14 Überlebende des Anschlages 2010 zu einem zweiwöchigen Ferien- und Erholungsaufenthalt nach Berlin einluden. 2011 reisten wir mit einer Gruppe aus Berlin, unter ihnen eine parteiübergreifende Delegation des Berliner Abgeordnetenhauses, zu einem Gegenbesuch nach Tel Aviv und Jerusalem. Diesem Projekt folgten zahlreiche Einladungen und Besuche in Berlin und Tel Aviv, die bis heute andauern.

Studienreise durch die USA

2010 brach unser Projektleiter Bastian Finke zu einer Studienreise in die USA auf, die er ausschließlich aus zweckgebundenen Spenden und aus Eigenmitteln finanzierte. Der Erfahrungsaustausch war von der Berliner Senatskanzlei ausdrücklich begrüßt worden, verbunden mit einem Begleitschreiben des Regierenden Bürgermeisters von Berlin Klaus Wowereit, der Bastian Finke zum Repräsentanten Berlins erklärt hatte. Während seiner 17-tägigen Studienreise besuchte er die Städte Chicago, Milwaukee, Denver, Laramie, San Francisco, Los Angeles, Hollywood-West und New York, wo er mit insgesamt 60 VertreterInnen von etwa 40 verschiedenen Projekten, Organisationen und staatlichen Einrichtungen sprach.

Ende 2011 organisierten wir eine weitere internationale Fachkonferenz in Berlin zum Thema ‚Building a Queer and Tolerant Neigbourhood‘, an der über 130 Repräsentantinnen und Repräsentanten und Expertinnen und Experten aus aller Welt im Rathaus Schöneberg teilnahmen. Die International MANEO-Conference (IMC) beinhaltete 11 Impulsvorträge, 12 Städtepräsentationen und eine Podiumsdiskussion im Plenum sowie 35 Vorträge, die sich auf 8 Workshops verteilten. Mit der Auswahl der Schwerpunktthemen wurde das wechselvolle Beziehungsverhältnis zwischen einer Metropole zu ihrem Regenbogenkiez anhand markanter Schnittstellen fokussiert. Die Titel der Workshops lauteten: „Geschichte: Gedenken und Erinnern – Bewahrung eines kulturellen Erbes“ (1), „Tourismus: LGBT*-Marketing und Wechselwirkungen“ (2), „Medien, Netzwerke, Marketing, Events“ (3), „Stadt(teil)entwicklung 1: Partnerschaften zwischen und über Regenbogenkieze“ (4), „Sicherheit und Zusammenarbeit: Sicherheit im Regenbogenkiez“ (5), „Ökonomische Entwicklung – Queer Economy“ (6), „Stadt(teil)entwicklung 2: Formen der Organisation und internationalen Kooperation“ (7) und „Regen-bogenkieze: Ein Lebens- und Sozialraum – Soziale Entwicklung und Gesundheitsversorgung“ (8).

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Gäste aus Kenya zu Besuch bei MANEO

MANEO+ -Newsletter #09 (November 2016). Eric Gitari, Jurist, Leiter der Organisation National Gay and Lesbian Human Rights Commission Kenya (NGLHRC) und Projektpartner des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Nairobi, Nelson Kasaja, LGBTI-Aktivist aus Uganda und Cleopatra Kambugu, Trans-Aktivistin aus Uganda bei UHAI-EASHRI und Protagonistin des Films „Pearl of Africa“ besuchten auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung am 3. November die Veranstaltung „Queer Africans, queer Films, Queer Politics“ im Rahmen des Afrikamera-Filmfestivals African Queers, African Films, African Cultures“, das vom 1.-6. November im Arsenal lief und dieses Jahr queere Filme von afrikanischen Filmemacher/innen zeigte.

Die National Gay and Lesbian Human Rights Commission in Kenya (NGLHRC) entwickelt sich zur wichtigsten Organisation für den Schutz der Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten in Kenia. Über ein Partnerprojekt kooperieren die Heinrich-Böll-Stiftung und die NGLHRC. Dabei geht es um die Unterstützung der Arbeit von Mitarbeiter/innen der NGLHRC, die Rechtsverstöße von LSBTI Personen vor Gericht bringen und damit den Kampf von Homosexuellen um ihre von der kenianischen Verfassung verbrieften Rechte unterstützen will.

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Türkrische Trans*-Aktivistin Ebru Kiranci besucht MANEO

Berlin – 07.07.2015. Im Gespräch mit Ebru Kiranci informiert sich MANEO aus erster Hand über die Situation von Trans*-Personen in Istanbul. Die Leiterin von LGBTT Istanbul, Ebru Kiranci, leitet zwei Krisen- und Notunterkünfte für LSBT* und Trans*-Personen.

Im Rahmen seines Programms ‚Building Bridges‘ lud MANEO die Trans*Aktivistin aus der Türkei, Ebru Kiranci, nach Berlin ein. Ihre relativ junge Organisation LGBTT ISTANBUL hat ähnliche Arbeitsfelder wie MANEO, weshalb es zu dem Treffen kam. Erbu Kiranci leitet zwei Notunterkünfte für Opfer von Gewalttaten, eine Hotline für Tans*-Menschen und hat den Trans*Pride in Istanbul begründet.

Am 30. Juni traf Ebru Kiranci den Leiter von MANEO, Bastian Finke. Im Vordergrund des Gespräches stand vor allem der Erfahrungssautausch. Ebru Kiranci berichtete über ihre Arbeit in Istanbul. Die Kernarbeit von LGBTT ISTANBUL liegt in der Gewaltprävention und der Opferhilfe für Trans*menschen. Kirancis arbeitet mit Ehrenamtlichen am Aufbau eines Nottelefons, das Trans*personen an Anwälte und Ärzte vermittelt. Eine solche Versorgung und Unterstützung ist in der Türkei nicht die Regel. Auch werden Empowerment-Programme angeboten, um mit Trans*personen Alternativen zur Sexarbeit zu entwickeln. In den Notunterkünften finden Betroffene von Übergriffen Zuflucht, wo sie stabilisiert und unterstützt werden. Es werden auch LSBT*-Flüchtlinge aufgenommen, die sich melden.

Der Aufenthalt von Ebru Kiranci war überschattet von den erschreckenden Geschehnissen um den Istanbul Pride. Wie Medien berichteten, wurde die rechtlich korrekt angemeldete und geplante Demonstration von der Polizei unter dem Vorwand des Ramadan gewalttätig verhindert. Wasserwerfer und Gummigeschosse kamen gegen die friedlichen Demonstranten zum Einsatz. Im Gespräch erläuterte sie die politischen Hintergründe, wie es zu diesen Übergriffen durch Sicherheitskräfte kommen konnte.

„Wir stehen solidarisch hinter dem Bemühen und dem Einsatz von Ebru Kiranci, auch wenn unsere Ressourcen beschränkt sind. Wo immer wir können, zeigen wir unsere Solidarität“, so Bastian Finke. MANEO hat bereits internationale Partner in Frankreich, Polen, Irland und Israel, mit denen das Anti-Gewalt-Projekt regelmäßig in Kontakt steht. Den Kontakt in die Türkei will MANEO über seinen Partner ‚Queer Amnesty‘ fortsetzen.

Weiterer Höhepunkt ihres Besuches war die Entgegennahme einer Auszeichnung in Berlin. Ihr wurde anlässlich des Berliner CSDs der „Soul of Stonewall Award“, ein Gemeinschaftspreis von Berliner CSD e.V. und Queer Amnesty International, verliehen.

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In Tel Aviv wurde des Anschlags vor vier Jahren gedacht

Tel Aviv – 05.08.2013. Am 1. August 2009, gegen 23:00 Uhr, betrat ein maskierter Mann den LSBT*-Jugendtreffunkt ‚Bar Noar‘ in Tel Aviv und schoss auf die anwesenden Jugendlichen, Jugendarbeiter und Jugendarbeiterinnen. Nir Katz (26) und Liz Troubishi (16) wurden erschossen, fünfzehn weitere junge Menschen schwer verletzt. Auf zahlreichen Veranstaltungen in Israel wurde des Anschlags vor vier Jahren gedacht. Überschattet wurden die diesjährigen Veranstaltungen von Berichten über die Verhaftung der mutmaßlichen Täter, die Anfang Juni durch die Polizei bekannt gegeben worden war. Folge waren widersprüchliche Meldungen. Das hatte zu erneuten Belastungen unter den Opfern und zuBetroffenheit unter Angehörigen und Freunden geführt. MANEO-Projektleiter Bastian Finke reiste nach Israel, um die Verbundenheit mit den Opfern und deren Angehörigen zu unterstreichen. Mit der von MANEO organisierten Regenbogenbrücke waren 2010 Jugendliche, die den Anschlag überlebt hatten, zu Ferien nach Berlin eingeladen worden.

Anteilnahme und Solidarität auch aus Berlin

Der Anschlag hatte weltweit unter den LSBT*-Communities für Entsetzen gesorgt. Zahlreichen Solidaritätsbekundungen und Unterstützungsangebote erreichten LSBT*- Organisationen in Israel. Von Berlin aus startete MANEO die „Regenbogenbrücke“. Spenden wurden gesammelt, so dass im Sommer 2010 Jugendliche, die den Anschlag überlebt hatten, und Angehörige, deren Familienmitglieder erschossen worden waren, zu Ferien und Erholung nach Berlin und Köln eingeladen werden konnten. Die „Regenbogenbrücke“, die vom SPD-Abgeordneten Tom Schreiber und von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, allen voran dem damaligen Geschäftsführer, André Lossin, und der damaligen Vorsitzenden, Lala Süsskind, unterstützt worden war, hat viele neue Freundschaften zwischen Berlin und Tel Aviv entstehen lassen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist zwischen Agudah und MANEO entstanden.

MANEO als Projekt stand Vorbild für das ‚Nir-Katz-Report-Center‘ in Israel

Am 1. August 2012 eröffnete Agudah das ‚Nir-Katz-Report-Center‘, mit dem fortan Fälle von Diskriminierung und Übergriffe in Israel erfasst und ausgewertet werden sollen. Dem Projekt stand MANEO Pate, nach dessen Vorbild das neue Report-Center aufgebaut wurde.

Am 2. August präsentierte Agudah seinen ersten ‚Gewalt-Report‘. Mehr als 1.000 Fälle wurden seit dem letzten Jahr gesammelt und ausgewertet. Aus diesem Anlass lud die LGBT*-Organisation in die Bar Noar zu einem Runden Tisch ein, um die Ergebnisse zu diskutieren und weitere Vorhaben zu besprechen. An dem Gespräch nahmen Mitglieder des Vorstandes von Agudah und der Elternorganisation ‚Tehila‘ teil, außerdem Vertreter der Knesset – u.a. Nitzan Horowitz (Meritz), Merav Michaeli (Meritz), Ofer Shelah, (Yesh Atid), Moshe Mizrahi (Labor Party), David Tzur (Hatnuah), Dov Khenin (Hadash) – Vertreter der Polizei – u.a. Shimon Nachmani (Tel Aviv, Polizei) und Nissim Daudi (Tel Aviv, Polizei) – und MANEO-Projektleiter Bastian Finke. Er informierte über den Stand der Zusammenarbeit zwischen MANEO, der Berliner Polizei und der Berliner Staatsanwaltschaft, die über viele Jahre wuchs und oft über einen mühseligen Weg führte. Er berichtete über die fortlaufenden Schulungen und Fortbildungen bei der Berliner Polizei zum Thema vorurteilsmotivierte Hassgewalt gegen LGBT*. Allein im letzten Jahr 2012 erreichte MANEO mit seinen Schulungsangeboten über 1.000 Polizeibeamtinnen und -beamte. Von diesen Erfahrungen will zukünftig Agudah lernen und eine ähnliche Kooperation mit der Polizei in Israel anstreben. Bastian Finke hatte zugesagt, deren Bemühungen mit den Erfahrungen aus Berlin zu unterstützen.

Öffentliche Kundgebung in Tel Aviv in Gedenken an die Opfer des Anschlages

Nach einer bewegenden Gedenkveranstaltung am Grab von Nir Katz, die am 1. August im engsten Familien- und Freundeskreis in Modi’in stattfand, folgte am 3. August eine öffentliche Kundgebung im Meir Park in Tel Aviv. Rederinnen und Redner erinnerten an die Belastungen für die Opfer und Angehörigen in den  letzten Wochen, die durch widersprüchliche Äußerungen der Polizei ausgelöst zu vielen unnötigen öffentlichen Spekulationen beigetragen hatten. Dazu beigetragen hatte neben der Ergreifung der mutmaßlichen Täter auch die vorübergehende Festsetzung eines Jugendarbeiters von Agudah sowie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn, nach dem einer der Tatverdächtigen erklärt haben soll, die Tat stehe möglicherweise im Kontext einer persönlichen Beziehung zwischen dem Jugendarbeiter und einem Jugendlichen. Daraufhin war über ein persönliches Motiv und ein Racheakt spekuliert worden. Nachdem der Jugendarbeiter dieser Version widersprochen hatte und wieder entlassen worden war, schließt nun auch die israelische Polizei die Möglichkeit eines vorurteilsmotivierten Verbrechens nicht mehr aus.

Allen Hinweisen muss nachgegangen werden

Zu den Rednerinnen und Rednern zählten u.a. die israelische Gesundheitsministerin Yael German, der Bürgermeister von Tel Aviv- Jaffa Ron Huldai, der Knesset-Abgeordnete Nitzan Horowitz und Ayala Katz, Mutter von Nir Katz. Sie warnte vor wilden Spekulationen und rief sowohl zur Ruhe wie auch die Strafverfolgungsorgane zu gründlicher Ermittlungsarbeit. Sie bat ebenfalls um mehr Rücksichtnahme gegenüber den Opfern des Anschlages.

Zu den Rednern gehörte auch MANEO-Leiter Bastian Finke, der in seiner Ansprache an die Forderungen der OSZE erinnerte, die in ihrer Beschäftigung mit dem Thema Hate Crime deutlich darauf hingewiesen hatte, dass viele vorurteilsmotivierte Verbrechen deshalb nicht nachgewiesen werden können, weil Ermittlungsorgane oft nicht gründlich oder nur unzureichend ermittelten, deshalb oft Beweise nicht sichergestellt und verloren gingen bzw. Hinweisen nicht nachgegangen werde. Vor diesem Hintergrund fordert die internationale Organisation verbesserte Trainings und Schulungen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aller mit Ermittlungen beschäftigten Dienststellen. „Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Gesellschaften noch immer tief von homophoben Einstellungen geprägt sind, die Ermittlungen beeinflussen können“, so Bastian Finke.

„Wir wissen nicht, zu welchen Ergebnissen die weiteren Ermittlungen führen werden“, erklärte Bastian Finke im Anschluss. „Wichtig ist, dass gründlich ermittelt wird. Ich erinnere mich an ein persönliches Gespräch mit Dave O’Malley, den ich 2010 in Laramie (WY) traf und der seinerzeit als zuständiger Sheriff mit dem Fall „Matthew Shepard“ beauftrag gewesen war. Er hatte betont, dass nur eine konzentrierte und professionelle polizeiliche Ermittlungsarbeit, die alle Informationen entgegen nahm und Beweise Nicht von vornherein ausschloss, dazu geführt hatte, eine vorurteilsmotivierte Tat nachzuweisen.“

„Es ist mir wichtig, in dieser schweren Zeit unseren Freundinnen und Freunden beizustehen. Deshalb hatte ich mich zu dieser Reise entschlossen“.

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In Andenken an ihren 1998 ermordeten Sohn Matthew Shepard auf Rundreise in Europa

Judy und Dennis Shepard besuchen München

München – 22.09.2012. Im Rahmen einer vom US-Außenministerium unterstützten Rundreise durch mehrere ost-europäische Staaten, trafen Judy und Dennis Shepard zu ihrer letzten Station in der baye-rischen Hauptstadt ein. MANEO-Projekteiter Bastian Finke hatte an der Vorbereitung ihres Programms in München mitgewirkt und Judy und Dennis Shepard zwei Tage lang gemein-sam mit Dietmar Holzapfel, Inhaber der Deutschen Eiche, begleitet.

Judy und Dennis Shepard sind die Eltern von Matthew Shepard, der im Oktober 1998, mit 21 Jahren, in Laramie (WY) in den USA ermordet worden war. Die Tat, die von zwei jungen Männern aus Schwulenhass verübt worden war, hatte großes öffentliches Aufsehen erregt und in den USA die Bemühungen von Bürgerrechtlern und Bürgerrechtlerinnen verstärkt, Hassverbrechen gegen die sexuelle Orientierung ebenfalls unter die strafverschärfenden „Hate Crime Gesetze“ zu stellen. Dies gelang schließlich unter der Präsidentschaft Barack Obamas, der 2009 den „Matthew Shepard and James Byrd, Jr. Hate Crimes Prevention Act“ unterzeichnete. Über die tragischen Geschehnisse wurden mittlerweile zwei Filme produziert, bekannt als „The Laramie Project“ und „The Matthew Shepard Story“, die auch in deutschsprachiger Fassung erhältlich sind.

In München kam es am letzten Freitag zu Gesprächen und Begegnungen mit dem US-Generalkonsul William E. Moeller, dem Anti-Gewalt-Projekt der Szeneorganisation „sub“ und in einer Schule.

Standing Ovation

Zu einer vom US-Generalkonsulat organisierten Veranstaltung im Anton-Fingerle-Bildungszentrum wurden Judy und Dennis Shepard, John Crosby vom US-Generalkonsulat in München und Bastian Finke herzlich begrüßt. Die 350 Schülerinnen und Schüler sahen sich mit ihren Lehrerinnen und Lehrern zuerst den Film „Die Matthew Shepard Story“ an und folgten dann anschließend einem Podiumsgespräch. Judy und Dennis Shepard beantworteten persönliche Fragen und beeindruckten die anwesenden Gäste mit ihrem Einsatz und ihrem anhaltenden Engagement.

Die Eltern berichteten aus dem Leben von Matthew, wie er ihnen mit 18 Jahren erzählte, dass er schwul ist. „Als mir Matthew sagte ‚Mum, ich bin schwul‘, habe ich ihm geantwortet ‚das weiß ich seit Deinem 8. Lebensjahr‘. Er war überrascht und ich sagte ihm ‚aufmerksame Mütter wissen das schon sehr früh“, sagte Judy Shepard. Dennis berichtete: „Matthew hatte mich um ein persönliches Gespräch unter vier Augen gebeten, in dem er mir etwas ‚sehr wichtiges und ernstes‘ mitteilen wollte. Dann sagte er mir, dass er schwul ist. Daraufhin habe ich ihm geantwortet. ‚Okay. Aber was genau wolltest Du mir so wichtiges und ernstes mitteilen?‘. Nach diesem Gespräch hatten wir wirklich eine Vater-Sohn-Beziehung.“ Mit seinem Tod haben sie als Eltern die Ziele und Hoffnungen ihres Sohnes Matthew aufgegriffen und setzen diese jetzt mit ihrem Engagement fort.

Zu einem weiteren bewegenden Moment kam es, als ein Lehrer die Gelegenheit ergriff, den Shepards für ihren Einsatz zu danken und dann sein Coming Out erklärte. Die 350 Gäste zollten ihm diesen Mut anschließend mit anhaltendem Standing Ovation.

Während ihres Aufenthaltes besuchten Judy und Dennis Shepard auch das ehemalige Konzentrationslager Dachau, wo in Kürze eine Ausstellung über die Verfolgungsgeschichte Homosexueller und die Ermordung von schwulen Männern in Dachau präsentiert wird. Während ihres Rundgangs zeigten sie sich beeindruckt davon, wie viele Schülergruppen ihnen begegneten, die mit ihren Lehrern die Gedenkstätte und die laufenden Ausstellungen besuchten.

US-Außenministerium unterstützte Rundreise durch Europa

Die „Matthew Shepard Foundation“ wurde von Dennis und Judy Shepard in Gedenken an ihren Sohn Matthew gegründet, der im Alter von 21 Jahren bei einem schwulenfeindlichen Hassverbrechen im Oktober 1998 ermordet worden war. Sie gründeten die Stiftung, um Ideen und Träume ihres Sohnes fortzusetzen, um Hass durch Verständnis, Mitgefühl und Akzeptanz zu ersetzen, dies durch Aufklärung, Begegnung und demokratiestärkende Programme, auch dadurch, die Geschichte von Matthew Shepard weiter zu erzählen.

Für drei Wochen reisten seit Anfang September Judy und Dennis Shepard durch Osteuropa und überbrachten ihre Botschaft von Akzeptanz und Respekt gegenüber den Menschenrechten, die eben auch gegenüber allen LSBT gilt, und vermittelten die Bedeutung des „Matthew Shepard and James Byrd Jr. Hate Crimes Prevention Act“ für die USA in Gesprächen und Begegnungen mit Vertretern von LSBT-Organisationen, Schüler- und Jugendgruppen und Repräsentanten von Parlamenten und Regierungen. Vor allem berichteten sie in ihren Gesprächen über die Wichtigkeit elterlichen Engagements für ihre LSBT-Kinder, weil deren Unterstützung von fundamentaler Bedeutung für deren Entwicklung ist.

Unter der Leitung der US-amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton setzt sich das US-Außenministerium mit seinen Botschaften weltweit auch für die Menschenrechte für LSBT ein. Deshalb haben US-Botschaften in Polen, Lettland, Estland und Ungarn die Reise von Judy und Dennis Shepard sowie Kontakte und Begegnungen auch durch Empfänge mit Vertretern der Regierung, Verwaltung, Gesellschaft, LSBT-Szenen und der Presse unterstützt.

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In Gedenken an die Opfer des Anschlags auf die „Bar Noar“ in Tel Aviv vor drei Jahren:

Bastian Finke spricht zu 6.000 Menschen in Tel Aviv – „Report-Center“ nach Vorbild von MANEO eröffnet

Tel Aviv – 07.08.2012. Am 1. August 2009 schoss ein maskierter Mann im Jugendtreffpunkt „Bar Noar“ auf schwule und lesbische Jugendliche, tötete Nir Katz (26) und Liz Trubeshi (16) und verletzte fünfzehn weitere. In Gedenken an den Anschlag fanden Anfang August zahlreiche Veranstaltungen in Israel statt. Höhepunkt war die öffentliche Kundgebung am 4. August im Meir Park in Tel Aviv, an der 6.000 Menschen teilnahmen. Zu den zwei ausländischen Gästen die auf der Veranstaltung sprachen, zählten Judy Shepard, deren Sohn Matthew 1998 in den USA ermordet worden war, und #MANEO-Projektleiter Bastian Finke, auf dessen Initiative Jugendliche, die den Anschlag in Tel Aviv überlebt hatten, im Sommer 2010 nach Berlin eingeladen worden waren.

Auf der abendlichen Kundgebung in Tel Aviv, an der auch Jugendliche und Angehörige teilnah-men, die Opfer des Anschlages geworden waren, bekundeten zahlreiche Politiker und Prominente in bewegenden Reden und Gesten ihre anhaltende Anteilnahme und Solidarität mit den Betrof-fenen. Zu ihnen zählte Tzipi Livni, ehemalige israelische Außenministerin, die in ihrer Rede Gleichberechtigung in Israel forderte. „Dies ist nicht nur eine Kundgebung in Gedenken an die Opfer sondern auch eine Mahnung an die israelische Gesellschaft“. Ron Huldai, Bürgermeister der Stadt Tel Aviv, und Nitzan Horowitz (Meretz), einziger offener schwuler Abgeordneter in der Knesset, ermutigten die Menschen, weiter solidarisch für Freiheiten einzustehen.

Eine Jugendliche, die den Anschlag überlebt hatte, und Ayala Katz, Mutter des ermordeten Nir Katz, dankten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Solidarität und Anteilnahme. „Wir können zwar nicht vergessen, aber mit Eurem Engagement, das Ihr zeigt, gebt Ihr uns Mut und Kraft“. Ähnlich äußerte sich auch Judy Shepard, Mutter von Matthew Shepard, der mit 22 Jahren 1998 in den USA ermordet worden war. Sie ermutigte die Menschen, sich mit Kraft und Kontinuität weiter für Toleranz, Respekt und Gleichberechtigung in den Gesellschaften einzusetzen. Das Verbrechen an Matthew Shepard hatte 2009 zu dem nach ihm mitbenannten „Matthew Shepard and James Byrd, Jr. Hate Crimes Prevention Act“ geführt, mit dem in den USA jetzt auch Hassverbrechen gegen Homosexuelle mit höheren Strafen geahndet werden. MANEO-Projektleiter Bastian Finke dankte Agudah für die Ehre, auf der Kundgebung sprechen zu können. Er erinnerte an die große Anteilnahme und Solidarität, die nach dem Anschlag von den LSBT-Communities in Berlin und Köln bekundet worden war. Gemeinsam mit André Lossin, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind, ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, und Tom Schreiber, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (SPD) von Berlin, hatte er 2010 die Regenbogenbrücke und damit den zweiwöchigen Aufenthalt in Berlin und Köln organisiert. Er überbrachte Grüße vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, und der Bürgermeisterin aus Köln, Elfi Scho-Antwerpes, die Schirmherr und Schirmdame der Regenbogenbrücke waren, und erhielt dafür großen Applaus.

Bewegende Szenen am Grab von Nir Katz

Am 1. August, dem Jahrestag des Anschlages auf die Bar Noar, versammelten sich Familienangehörige und Freunde am Grab von Nir Katz in Modi’in. Worte der Erinnerung und Gebete wurden gesprochen. Ein junger Mann berichtete unter Tränen, dass er heute nach drei Jahren das erste Mal Mut gefunden hat, das Grab von Nir zu besuchen, weil ihn zuvor Schuldvorwürfe quälten. Hätte er als Jugendleiter nicht kurz vor der Tat Nir darum gebeten, die Aufsicht über die Jugendlichen in der Bar Noar zu übernehmen, weil er vor der Tür eine Zigarette rauchen wollte, hätte ihn die tödliche Kugel getroffen. Nir, so steht es auf seinem Grab, wurde ‚Opfer eines Hassverbrechens‘. „Wir lassen jedoch nicht zu, dass Hass über uns kommt“, betont Ayala Katz, Mutter von Nir und fünf weiteren Kindern. In ihrer kurzen Ansprache dankte sie Judy Shepard und Bastian Finke, dass sie heute mitgekommen sind. Immer wieder nahmen sich die Menschen am Grab in die Arme und trösteten sich gegenseitig.

Ein heute 20-Jähriger, der vor zwei Jahren am Ferienaufenthalt in Berlin teilgenommen hatte, berichtete Bastian Finke am Rande der Gedenkveranstaltung, dass er vor wenigen Tagen endlich sein ‚Coming Out‘ gegenüber seiner Mutter „geschafft“ habe. Bereits vor einigen Jahren hatte sich sein älterer Bruder geoutet, womit sich seine Mutter, die fünf Söhne alleine großgezogen hatte, schwer getan habe. Das hatte sein eigenes Coming-out verzögert. Jetzt ist er erleichtert und weiß, dass ihn seine Mutter nie im Stich lassen werde. Dabei berichtete er, wie entsetzlich es für ihn war miterleben zu müssen, wie einige der Jugendlichen nach dem Anschlag von ihren Eltern noch nicht einmal im Krankenhaus besucht worden waren, aus Furcht darüber, Medien könnten ihre Namen verbreiten und ihre Nachbarn dadurch von der Homosexualität ihrer Kinder erfahren.

Öffentliche Unterstützung für das neue „Report-Center“

„Die Idee und Anregung für das neue ‚Report Center‘ haben wir in MANEO gefunden“, so Shai Deutsch, Vorsitzender des Vereins Agudah, der auf einem Empfang am 31.07.2012 im Hotel Brown in Tel Aviv unter den etwa 200 Gästen den Präsidenten der Knesset, Rubi Rivlin (Likud), den Botschafter Deutschlands, Andreas Michaelis, und den Polizeichef von Tel Aviv, Aharon Aksol, begrüßte. Im Rahmen eines Dienstaufenthaltes in Israel nahm auch der Bezirksbürger-meister von Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, Reinhard Naumann, an dem Empfang teil. Mit dem neuen ‚Report Center‘, das den Namen von Nir Katz tragen wird, sollen sämtliche Vorfälle homophober und transphober Gewalt in Israel erfasst und ausgewertet werden. „Uns erwartet viel Arbeit. Doch unser Ziel ist es, homophobe Gewalt sichtbar zu machen. Nur so haben wir langfristig die Chance, nachhaltig Diskussionen in Gang zu bringen und Veränderungen zu bewirken“, so Sharon Jaegerman von der LGBT-Organisation Agudah.

Am nächsten Tag diskutierten in Podiumsdiskussionen und Workshops zahlreiche Vertreter von israelischen Organisationen mit Judy Shepard und Bastian Finke über Ziele eines „Report-Centers“. Dabei wurde die Spannbreite deutlich, wie unterschiedlich „Gewalt“ eingeschätzt und bewertet werden kann. Von allen wurde betont, dass diese Diskussionen wichtig sind, dass un-abhängig davon gerade auch die Taten dokumentiert und sichtbar gemacht werden müssen, die rechtlich kriminelle Straftaten darstellen.

Unterstützung der Pride-Demonstration in Jerusalem

Mit einer Delegation der Bar Noar und der Organisation Agudah unterstützten Aktivisten aus Tel Aviv die Pride-Demonstration am 2. August in Jerusalem. Zu den etwa 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zählte auch Judy Shepard, ihr Ehemann Dennis und Bastian Finke. In Jerusalem findet ein „CSD-Umzug“ seit 2002 unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Im Jahr 2005 hatte ein orthodoxer Demonstrant auf drei Teilnehmer eingestochen und diese verletzt. Auch in diesem Jahr war die zum Schutz der Demonstranten eingesetzte Präsenz von Armee und Sicherheitskräften erheblich.

Auf dem Rückweg zu ihrem Auto trug einer der Jugendlichen aus Tel Aviv eine Regenbogenfahne um seine Schulter gelegt. In einer Seitenstraße fuhr dann ein junger Mann mit seinem Motorroller an ihrer Gruppe vorbei und brüllte: „Euch hat man vergessen zu erschießen“.

„Genau diese Fälle muss jetzt das neue ‚Report-Center‘ erfassen. Sie müssen zusammengetragen und jedes Jahr der Öffentlichkeit präsentiert werden“, so Sharon Jaegermann von Agudah.